
Her mit den Portr[AI]ts !
Versäumte Bilder aus Bonn
Die Ausstellung „Her mit den Portr[AI]ts“ der Zentralen Gleichstellungsbeauftragten der Universität Bonn und des Bilderinstituts zeigt ab April 2025 im Bonner Universitätsmuseum versäumte Bilder von Bonner Wissenschaftlerinnen. Dort gibt es Bilder zu sehen, die leider nie gemacht wurden. Möglich macht das Künstliche Intelligenz (KI).
Mit Hilfe von KI hat die Berliner Wissenschaftsfotografin Gesine Born zwölf herausragende Wissenschaftlerinnen der Universität Bonn aus verschiedenen Fakultäten ins digitale Rampenlicht gerückt – sie nutzt dafür die Augen der Künstlichen Intelligenz. Mit Hilfe modernster KI-Technologien werden alte Porträts neu interpretiert und kontextualisiert, um die bedeutenden wissenschaftlichen Leistungen der Dargestellten visuell greifbar zu machen.
Die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Bonn, Gabriele Alonso Rodriguez, sagt zur Intention der Schau: „Diese Ausstellung erinnert daran, wie viele Frauen in der Wissenschaft über Jahre hinweg nahezu unsichtbar blieben und bis heute noch bleiben, trotz ihrer herausragenden Beiträge für die Forschung. Das wollen wir nun ändern.“
Eröffnungsfilm der Ausstellung, KI generierte Bilder animiert mit LumaAI
Das Video zeigt, wie die Bilder entstanden sind.
10. April bis 25. Mai 2025
Universitätsmuseum im Hauptgebäude der Universität Bonn
Regina-Pacis-Weg 1 (Eingang am Kaiserplatz), 53113 Bonn
Mittwoch bis Sonntag von 12 bis 17 Uhr
Der Eintritt ist frei.
Hermine Heusler-Edenhuizen
1872 – 1955
Frida Busch
1868 – 1961
Das versäumte Bild zeigt Frida Busch (links) und Hermine Heusler-Edenhuizen (rechts) beim gemeinsamen Feiern ihrer erfolgreich bestandenen Promotion.
Eingabe KI: [Foto Edenhuizen and Busch] celebrating their doctorate in front of the university of Bonn, hugging each other, wet plate fotography from 1910 --s 250 --v 6.1
generiert mit Midjourney von Gesine Born
Hermine Heusler-Edenhuizen war Deutschlands erste niedergelassene Frauenärztin und (zusammen mit Frida Busch) die erste Promovendin an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn.
1872 geboren, wuchs sie in einer Zeit auf, in der der Zugang zu Bildung für Frauen stark eingeschränkt war. Die gesellschaftliche Stellung ihrer wohlhabenden Familie ermöglichte ihr eine Schulbildung und sie besuchte anschließend die Gymnasialkurse der Frauenrechtlerin Helene Lange. Trotz einiger Widerstände konnte sie 1898 das Abitur ablegen, nachdem sie mit ihren Mitschülerinnen mittels einer Petition für ihre Zulassung gekämpft hatte.1 Frauen wurde zu dieser Zeit nur der prekäre Status der Gasthörerinnen gewährt, was ihren Studienerfolg gefährdete.2 Hermine Heusler-Edenhuizen und ihre Freundin Frida Busch studierten gemeinsam in Berlin, Zürich und Halle, bevor sie an die Universität Bonn wechselten. 1903 promovierten sie als erste Frauen an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn.
Nach der Promotion war Hermine Heusler-Edenhuizen als Volontärin unter anderem in Bern tätig, kehrte jedoch 1906 nach Bonn zurück, wo sie als erste Frau eine Assistenzstelle an der Universitätsfrauenklinik annahm. Im Jahr 1911 eröffnete sie eine eigene Praxis in Berlin. Ihre Arbeit als Ärztin umfasste nicht nur medizinische Betreuung, sondern auch soziale Hilfe für Frauen - etwa die Gründung eines Heims für ungewollt Schwangere oder ihr Einsatz für das Recht auf körperliche Selbstbestimmung und für die Abschaffung des § 218.3
In ihrer Ehe mit Otto Heusler setzte sie ebenfalls feministische Maßstäbe. Sie schlossen einen Ehevertrag, der es ihr ermöglichte, ihren Beruf selbstbestimmt auszuüben und über ihr eigenes Vermögen zu verfügen.4 Hermine Heusler-Edenhuizen war eine Pionierin in ihrer Zeit und kämpfte sowohl als Ärztin als auch als Aktivistin für die Rechte und die Selbstbestimmung von Frauen.
1 Prahm (2012): 45ff. 2 Busch (o.J.): 2. 3 Busch (o.J.): 4. 4 Prahm (2012): 104f.
Quellenverzeichnis:
Busch, Isabel (o.J.): Hermine Edenhuizen, URL: https://jimdo-storage.freetls.fastly.net/file/bbed62ca-30ea-4d4b-a614-a26b6119345f/HERMINE%20EDENHUIZEN.pdf; [Abruf: 10.01.2025].
Prahm, Heyo (2012): Hermine Heusler-Edenhuizen: Die erste deutsche Frauenärztin. Lebenserinnerungen im Kampf um den ärztlichen Beruf der Frau, Verlag Barabara Budrich: Opladen, Berlin & Farmington Hills.
Foto: Archiv Haus der Frauengeschichte/Urheber*in unbekannt/ 1903
Frida Busch
Frida Busch war (zusammen mit Hermine Heusler-Edenhuizen) die erste Doktorandin an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn.
Frida Busch wurde in eine Medizinerfamilie hineingeboren, die eng mit der Universität Bonn verbunden war. Ihr Zugang zu Bildung war dadurch einfacher als für andere Frauen zu dieser Zeit, allerdings immer noch umkämpft. Ähnlich wie Hermine Heusler-Edenhuizen erhielt auch Frida Busch zunächst Privatunterricht und besuchte anschließend eine höhere Töchterschule in Bonn.1 Frida Busch wechselte dann nach Berlin, um die Gymnasialkurse der Pädagogin und Frauenrechtlerin Helene Lange zu besuchen. Dort lernte sie Hermine Heusler-Edenhuizen kennen. Den Widerständen der Politik gegen ihre Zulassung und die ihrer Mitschülerinnen trotzend, durften sie die Abiturprüfung in Berlin ablegen. Mit dem bestandenen Abitur in der Tasche trat sie in die Fußstapfen ihrer Familie und begann das Studium der Medizin. Frida Busch ging dafür nach Zürich, da Frauen in der Schweiz bereits seit 1864 zum Studium zugelassen wurden. Anders als in Deutschland war das Frauenstudium bereits etabliert und abschätziges Verhalten von Kommilitonen oder Dozenten blieb aus.2
Trotzdem zog Frida Busch 1899 nach Halle, um ihr Studium fortzusetzen. Hier war sie wieder mit dem Argwohn gegenüber Studentinnen konfrontiert. Die Verbindungen ihrer Familie taktisch nutzend, wechselte Frida Busch, zusammen mit Hermine Heusler-Edenhuizen, an die Universität Bonn, wo beide eine generelle Hörerlaubnis bekamen und somit zum Ende ihres Studiums nicht mehr von der Willkür einzelner Dozenten abhängig waren.3 1903 folgten das bestandene Examen und als krönender Abschluss die Promotion.4 Nach ihrer Promotion arbeitete Frida Busch einige Zeit für einen Kinderarzt in Dresden, bevor sie 1905 ihren ehemaligen Lehrer Prof. Dr. Corssen heirate.5 Die Hochzeit und die Geburt ihrer zwei Kinder sollten das Ende ihrer wissenschaftlichen Karriere als Ärztin darstellen.
1 Koslowski (1996): 116. 2 Koslowski (1996): 116. 3 Koslowski (1996): 116. 4 Prahm (2012): 82f. 5 Prahm (2012): 90.
Quellenverzeichnis:
Koslowski, Angela (1996): Frida Busch, In: Kuhn, Annette et.al. (Hrsg.): 100 Jahre Frauenstudium. Frauen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Göttingen: Verlag die Werkstatt.
Prahm, Heyo (2012): Hermine Heusler-Edenhuizen: Die erste deutsche Frauenärztin. Lebenserinnerungen im Kampf um den ärztlichen Beruf der Frau, Verlag Barabara Budrich: Opladen, Berlin & Farmington Hills.
Elvira Fölzer
1868 – 1937
Das versäumte Bild zeigt Elvira Fölzer bei einer Ausgrabung – in einer Lebensphase, in der sie eigentlich keinen Zugang mehr zur Wissenschaft hatte.
Eingabe KI: [Foto Elvira Fölzer] standing proud as a female archaeologist, looking directly in the camera, as a 70 year old, on an bexcavation side with antic shards and ruins, photography from 1920, leica style, film gain --s 250 --v 6.1
generiert mit Midjourney von Gesine Born
Elvira Fölzer war Archäologin und wurde 1906 als erste Frau an der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn promoviert.
Durch die Erbschaft des Vermögens ihres 1893 verstorbenen Vaters, eines wohlhabenden Hamburger Kaufmanns, erlangte sie finanzielle Unabhängigkeit, die ihr das Studium ermöglichte.1 1899 begann sie ihr Studium in Leipzig und wechselte 1902 nach Bonn, wo sie bei Professor Georg Loeschcke mit der Abhandlung Die Hydria, ein Beitrag zur griechischen Vasenkunde promovierte. Loeschke galt zu seiner Zeit als ausgesprochener Förderer des Frauenstudiums.2 Elvira Fölzer zählt zu den ersten akademisch ausgebildeten Frauen in der Altertumsforschung: Sie war die erste Frau, die das Fach Klassische Archäologie erfolgreich abschloss, und die erste provinzialrömische Archäologin in Deutschland.3 Obwohl ihre bemerkenswerte Forschung zu römischer Keramik Pioniercharakter hatte, konnte sie nie eine gesicherte berufliche Position erreichen.
Im Sommer 1907 wurde sie wissenschaftliche Hilfsarbeiterin am Provenzialmuseum in Trier, ohne das Recht auf eine Festanstellung.4 Dort bearbeitete sie keramische Funde aus Kanalisationsgrabungen und spezialisierte sich so auf römische Keramik. 1910/11 zog sie nach Frankfurt am Main, um ihre Forschungen in der Römisch-Germanischen Kommission fortzusetzen. Als 1911 und 1918 feste Stellen zu besetzen waren, wurden diese jedoch mit Männern besetzt. 1917 schied sie aus dem Trierer Museum aus und ihre Spuren verlieren sich. Es wird vermutet, dass sie als private Sprach- und Kunstlehrerin zunächst in Frankfurt am Main und später in Berlin arbeitete.5 In einer 1938 durch das damalige Reichswissenschaftsministerium aufgestellten Liste von auszuschließenden jüdischen Mitglieder des Archäologischen Instituts erscheint auch ihr Name - der einzige Hinweis auf ihre jüdische Herkunft.6
1 Merten (2013a): 122. 2 Merten (2013a): 123. 3 Merten (2013b): 70. 4 Gutsmiedl-Schümann (2023). 5 Merten (2013a): 131, Gutsmiedl-Schümann (2023). 6 Merten (2013a): 132f.
Quellenverzeichnis:
Gutsmiedl-Schümann, Doris (2023): Die ersten Doktorandinnen in den Archäologien, In: AktArcha, URL: https://aktarcha.hypotheses.org/1439, [Abruf: 06.03.2025].
Merten, Jürgen (2013a): Elvira Fölzer (*1868). Zum sozialen und beruflichen Umfeld einer frühen Trierer Archäologin, In: Fries, Jana E./Gutsmiedl-Schümann, Doris (Hrsg.): Ausgräberinnen, Forscherinnen, Pionierinnen. Ausgewählte Porträts früher Archäologinnen im Kontext ihrer Zeit. Frauen Forschung Archäologie 10, Waxmann: Münster.
Merten, Jürgen (2013b): Gelehrte Frauen am Trierer Museum. Elvira Fölzer, Elisabeth Vorrenhagen, Else Förster, In: Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier: Aus der Arbeit des Rheinischen Landesmuseum Trier 45, S. 70-77.
Foto: Rheinisches Landesmuseum Trier/ Urheber*in unbekannt/ 1909
Amalie Kretzer
1873 – 1948
Das versäumte Bild zeigt Amalie Kretzer vor dem Hauptgebäude der Bonner Universität, wo sich ihr Studium und ihre Promotion in Physik abspielten.
Eingabe KI: [Foto Amalie Kretzer] as a 40 year old female scientist, standing proud on the campus of the University of Bonn, vintage photo from 1909, wet plate photography --s 250
generiert mit Midjourney von Gesine Born
Amalie Kretzer war die erste Promovendin im Fach Physik an der Universität Bonn.
Als sich Amalie Kretzer im Wintersemester 1904/05 als Gasthörerin an der Universität Bonn einschrieb, war sie bereits 31 Jahre alt und hatte schon einige Jahre als Lehrerin gearbeitet. Ihr Weg zum Studium war für Frauen in dieser Zeit typisch: Sie besuchte eine Töchterschule und legte anschließend das Lehrerinnenexamen ab, um an Mädchenschulen unterrichten zu können. 1904 bestand sie ihr Abitur, auf welches sie sich privat vorbereitet hatte.
Ihr Studium der Naturwissenschaften und Mathematik führte Amalie Kretzer an die Universitäten Marburg und Göttingen, bevor sie 1908 an die Universität Bonn zurückkehrte und – da in diesem Jahr Frauen offiziell in Preußen zum Studium zugelassen wurden – ihr Studium als immatrikulierte Studentin fortsetzte1. Dies tat Amalie Kretzer zu einer Zeit, in der sich nicht nur die Physik schnell wandelte, sondern auch andere bekannte Physiker wie Max Planck öffentlich die Meinung vertraten, dass die Begabung von Frauen für das Physikstudium «immer nur als Ausnahme betrachtet werden kann».2 Den Vorurteilen trotzend schloss sie an ihr Studium eine Promotion an und wurde am 15.10.1909 als erste Frau der Universität Bonn im Fach Physik promoviert.3
Berufsaussichten gab es für Wissenschaftlerinnen in den Naturwissenschaften jedoch nahezu keine, weshalb Amalie Kretzer im Anschluss an ihre Promotion das Staatsexamen für Lehramt für höhere Schulen ablegte und als Lehrerin an einer höheren Mädchenschule arbeitete. Diesen Beruf übte sie bis zu ihrer Hochzeit 1917 aus, danach war es ihr als verheiratete Frau verboten als Lehrerin zu arbeiten. Diese sogenannte ‚Zölibatsklausel‘ war als Erlass bis 1920 in Kraft. 4
1 Hinterberger, M. (1996): 21. 2 Planck, M. (1897) zitiert nach Kleinert, A. (1978): 32. 3 Hinterberger, M. (1996): 28. 4 Hinterberger, M. (1996): 34f.
Quellenverzeichnis:
Hinterberger, Monika (1996): «Man räume ihnen Kanzeln und Lehrstühle ein» – Zur Geschichte der Physikerinnen an der Universität Bonn, In: Mühlenbruch, Brigitte (Hrsg.): ZOOM Schriftenreihe der Gleichstellungsbeauftragten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (2), Bonn.
Kleinert, Andreas (1978): Vom Trieb zur theoretischen Physik. Physikalische Blätter, 34 (1), S. 31-33.
Hintergrundfoto: Universität Bonn, ca. 1920, Quelle: unbekannt
Foto: Anspach, Julia et.al. (2004): «Das Bild spricht, obschon es stumm ist» Dokumentation im Anschluss an die Ausstellung Vorbilder, Wissenschaftlerinnen der Universität Bonn, In: Mättig, Ursula (Hrsg.): ZOOM Schriftenreihe der Gleichstellungsbeauftragten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (6), Bonn./Urheber*in unbekannt/ Jahr unbekannt
Maria von Linden
1869 – 1936
Das versäumte Bild zeigt Maria von Linden bei der akademischen Lehre, die ihr ein Leben lang verwehrt geblieben ist.
Eingabe KI: [Foto Maria von Linden] standing proud with crossed arms, as a 70 year old female scientist, dressed like a man, with slicked back hair, looking like a man, wearing a lab cout, standing in a lecture hall in Bonn in front of students, teaching chemistry, leica style from 1920 --v 6.0 --s 250
generiert mit Midjourney von Gesine Born
Maria von Linden war die erste Titularprofessorin der Universität Bonn und in Deutschland.
Durch die Biografie von Maria von Linden zieht sich, dass sie ‘die Erste’ war. Die erste Schülerin mit Abitur an einem Jungengymnasium, die erste Studentin und Doktorandin an der Universität Tübingen sowie später die erste Titularprofessorin der Universität Bonn. Trotz ihrer privilegierten Herkunft – sie wurde in eine Adelsfamilie geboren und trug den Titel einer Gräfin – musste Maria von Linden sich den Zugang zu Bildung und einer wissenschaftlichen Laufbahn hart erkämpfen. Nach erfolgreich abgeschlossenem Studium und Promotion in Tübingen und einem Aufenthalt an der Universität Halle, übernahm sie die Leitung der Parasitologischen Abteilung an der Universität Bonn. Ihr Habilitationsgesuch wurde in dieser Zeit abgelehnt.1 Auch wenn ihr im Jahr 1910 der Titel ‘Professor’ verliehen wurde, blieb ihr der Zugang zur Lehre - die venia legendi - verwehrt. Maria von Linden war insgesamt 34 Jahre wissenschaftlich an der Universität Bonn tätig. In dieser Zeit entwickelte sie die Parasitologische Abteilung zu einer eigenständigen Institution.
Allerdings wurde ihre Position nicht dementsprechend honoriert, sie erhielt keine festen Mittel für ihre Forschung und ihr wurde der Anspruch auf den Beamtenstatus verwehrt. Im Jahr 1933 wurde sie aufgrund des ‚Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums‘ zwangspensioniert. Bereits 1923 hatte Maria von Linden vor der Gefahr des Nationalsozialismus gewarnt.3 Nach ihrer Zwangspensionierung emigrierte sie nach Liechtenstein. Maria von Linden war definitiv eine Vorreiterin in der Wissenschaft, stieß dabei aber immer wieder an die Grenzen einer patriarchalen Gesellschaft. Gegen patriarchale Strukturen und gesellschaftliche Geschlechterstereotypen lehnte Maria von Linden sich jedoch auch im Privaten auf. Sie trug bevorzugt ‚männlich konnotierte‘ Kleidung und brach immer wieder mit den Vorstellungen von ‚traditioneller Weiblichkeit‘.4
1 Flecken (1996): 122. 2 Flecken (1996): 117. 3 Flecken (1997): 124. 4 Junginger (1991): 125.
Quellenverzeichnis:
Flecken, Susannne (1996): Maria Gräfin von Linden, In: Kuhn, Annette et.al. (Hrsg.): 100 Jahre Frauenstudium. Frauen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Verlag die Werkstatt: Göttingen.
Junginger, Gabriele (1998): Junginger, Gabriele (Hrsg.): Maria Gräfin von Linden. «Erlebtes und Erstrebtes eines Sonntagskindes»: die Erinnerungen der ersten Studentin in Württemberg, Attempto: Tübingen.
Foto: Universitätsarchiv Tübingen - S 91/3,390/Urheber*in unbekannt/ 1910
Mathilde Vaerting
1884 – 1977
Das versäumte Bild zeigt Mathilde Vaerting beim Unterricht außerhalb des Klassenzimmers.
Eingabe KI: [Foto Mathilda Vaerting] standing proud as a 80 year old female professor with black hair looking directly in the camera, holding a ball in her hands, she is standing in a group of playing children in a park, the children are playing ball, vintage photo from 1920, leica style --s 250 --v 6.1
generiert mit Midjourney von Gesine Born
Mathilde Vaerting war die erste ordentliche Professorin an einer deutschen Universität und nach Margarete von Wrangell die zweite Frau mit einem Lehrstuhl in Deutschland.
Mathilde Vaerting legte erfolgreich die Prüfung zum höheren Lehrerinnenexamen ab und begann an einer Düsseldorfer Schule zu unterrichten. Diese Zeit als Lehrerin sollte sie und auch ihre spätere pädagogische Forschung stark prägen.1 Ab 1907 studierte Mathilde Vaerting in Bonn, wo sie 1911 promovierte. Im Anschluss arbeitete sie als Oberlehrerin in Berlin und publizierte zu dieser Zeit eine Reihe von Schriften zur Geschlechterpsychologie sowie zur Didaktik in der Mathematik.2 Nach einem erfolglosen Versuch, sich an der Berliner Universität zu habilitieren, wurde sie jedoch 1923 an den Lehrstuhl für Erziehungswissenschaften der Universität Jena berufen.
Ihre Ernennung stieß auf starken Widerstand, da sie gegen den Willen der Fakultäten erfolgte. 1930 griff der Zoologe und Antisemit Ludwig Plate sie mit einer antifeministischen Schmähschrift mit dem Titel « Feminismus unter dem Deckmantel der Wissenschaft an.» 3 Zudem wurde ihr eine geringe Hörer*innenzahl unterstellt, nachdem ihr jedoch zuvor das Prüfungsrecht verwehrt worden war. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde sie 1933 entlassen, erhielt ein Publikations- und Ausreiseverbot und konnte ihre Forschungen nicht fortsetzen.
Nach dem Krieg konnte Mathilde Vaerting nie wieder in der Wissenschaft Fuß fassen, ihre Bewerbungen auf Professuren scheiterten und ihre Werke blieben zunächst unbeachtet. Ihre Studien zur Geschlechterpsychologie gelten jedoch bis heute als modern und auch ihre Kritik am System ‚Schule‘ sowie ihre didaktischen Konzepte werden bis heute rezipiert.4 Seit November 2023 erinnert eine Gedenktafel im Universitätshauptgebäude in Jena an die erste ordentliche Professorin an einer deutschen Universität. Die Universität Jena und die Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte (GEDG) zollen ihr damit den Respekt, der ihr zu Lebzeiten verwehrt blieb.5
1 Werth (2023): 92. 2 Werth (2023): 98ff. 3 Hollstein (2023), Plate (1930). 4 Kraul, Margret (2016). 5 Hollstein (2023).
Quellenverzeichnis:
Hollstein, Sebastian (2023): Die erste Professorin an einer deutschen Universität, In: Friedrich-Schiller-Universität Jena, URL: https://www.uni-jena.de/213543/die-erste-professorin-an-einer-deutschen-universitaet; [Abruf: 06.03.2025].
Kraul, Margret (2016): Mathilde Vaerting: Neubegründung der Psychologie von Mann und Weib. I. Bd.: Die weibliche Eigenart im Männerstaat und die männliche Eigenart im Frauenstaat, II. Bd.: Wahrheit und Irrtum in der Geschlechterpsychologie, Karlsruhe i. B.: G. Braun 1921/23, insg. 422 S., In: Salzborn, Samuel (Hrsg.): Klassiker der Sozialwissenschaften. Springer VS: Wiesbaden.
Plate, Ludwig (1930): Feminismus unter dem Deckmantel der Wissenschaft, In: Eberhard, Ehrhard F.W. (Hrsg.): Geschlechtscharakter und Volkskraft: Grundprobleme des Feminismus, S. 198-215, Ernst Hofman & Co: Darmstadt.
Werth, Gerda (2023): Neue Wege im mathematischen Unterricht. Auf den Spuren Mathilde Vaertings. Springer VS: Wiesbaden.
Foto: Universitätsarchiv Bielefeld, Nachlass Mathilde Vaerting, NLMV 707, 1_30/Urheber*in unbekannt/ Jahr unbekannt
Leah Goldberg
1911 – 1970
Das versäumte Bild zeigt Leah Goldberg zur Zeit ihres Promotionsstudiums an der Universität Bonn.
Eingabe KI: [Foto Leah Goldberg] as a 30 year old female scientist, sitting proud behind a desk with books, writing, illuminated by a small lamp, leica style from 1933, film gain --s 250 --v 6.1
generiert mit Midjourney von Gesine Born
Leah Goldberg ist bis heute eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen Israels und war die erste Promovendin im Fach Semitische Philologie an der Universität Bonn.
Leah Goldberg begann ihr Studium an der Universität Kaunas in Litauen, bevor sie 1930 zunächst nach Berlin und dann an das Orientalische Seminar der Universität Bonn wechselte, um bei dem damaligen Direktor des Seminars, Professor Paul Kahle, zu promovieren.1 Leah Goldbergs Zeit in Bonn war kurz, und als Jüdin hatte sie hier in der Zeit des Nationalsozialismus keine Zukunft. 1933 promovierte sie an der Universität Bonn und kehrte nach Litauen zurück. Ihre Dissertation mit dem Titel Das samaritanische Pentateuchtargum. Eine Untersuchung der handschriftlichen Quellen beendete sie dort und reichte sie 1935 ein. 2 Im gleichen Jahr emigrierte Leah Goldberg nach Tel Aviv. In ihrem Roman Briefe von einer imaginären Reise verarbeitete sie den Aufstieg des Nationalsozialismus und ihren Abschied von Europa.
Neben ihrer wissenschaftlichen Laufbahn beschäftigte sich Leah Goldberg seit frühester Jugend mit Poesie und Literatur. So schrieb sie bereits mit zwölf Jahren ihre ersten Gedichte. Parallel zu ihrem Studium gehörte sie Anfang der 30er Jahre einer litauischen Dichtergesellschaft an und veröffentlichte bereits einige ihrer Gedichte erfolgreich in entsprechenden Zeitschriften.3 Bis 1952 blieb Leah Goldberg in Tel Aviv, wo sie als Autorin, Journalistin und Herausgeberin arbeitete, und das erste und einzige weibliche Mitglied der israelischen Dichtergruppe Yachdav war.4
1952 siedelte Leah Goldberg nach Jerusalem über, um an der dortigen Hebräischen Universität - einer Partneruniversität der Universität Bonn - zunächst als Dozentin zu lehren und später als Professorin die Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft aufzubauen, die sie bis zu ihrem Tod 1970 leitete.5
1 Harel (2009). 2 Weiss (2007): 24ff. 3 Oberhänsli-Widmer (2010). 4 Pines (2017). 5 Oberhänsli-Widmer (2010).
Quellenverzeichnis:
Pines, Sarah (2017): «Mein Herz hat sich an sich selbst gewöhnt», In: WELT, URL: https://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article171897491/Urbane-Poesie-Leah-Goldberg-war-Israels-erste-grosse-Dichterin.html, [Abruf: 24.01.205].
Harel, Ma’ayan (2009): Lea Goldberg, In: Jewish Women’s Archive, URL: https://jwa.org/encyclopedia/article/goldberg-lea, [Abruf: 24.01.2025].
Weiss, Yfaat (2007): Lea Goldberg – von Kowno nach Tel Aviv, In: Münchener Beiträge zur jüdischen Geschichte und Kultur (1), S. 9-32.
Oberhänsli-Widmer, Gabrielle (2010): Lea Goldberg, In: Orientalisches Seminar Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, URL: https://www.orient.uni-freiburg.de/judaistik/projekte_juda/durchgefuehrte-projekte/goldberg/bio.html, [Abruf: 22.01.2025].
Foto: Meitar Collection, The Pritzker Family National Photography Collection, The National Library of Israel/ Urheber: Benno Rothenberg/ nach 1946
Käthe Kümmel
1905 – 1994
Das versäumte Bild zeigt Käthe Kümmel bei einer ihrer Exkursionen im Ahrtal.
Eingabe KI: An old photograph from 1950, showing female biologist scientist [Foto Käthe Kümmel] with her back to the camera, pointing at something in front of her and carrying a large cylindrical brass canister on her shoulder. She is wearing a dark suit jacket and trousers, The background shows a grassy hillside with trees and bushes --s 250 --v 6.1
generiert mit Midjourney von Gesine Born
Käthe Kümmel war Botanikerin und die erste Habilitandin an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn. Auf dem Campus Poppelsdorf ist eine Straße nach ihr benannt.
Ihre wissenschaftliche und berufliche Laufbahn führte Käthe Kümmel immer wieder nach Bonn. 1925 begann sie zunächst Botanik und Geographie an der Universität Bonn zu studieren, bevor sie dann an die Universität Heidelberg wechselte. Dort promovierte sie im Juli 1929 in Botanik sowie in den Nebenfächern Geologie und Mineralogie. Bis Ende 1931 arbeitete Käthe Kümmel als wissenschaftliche Assistentin an verschiedenen botanischen Lehrstühlen in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Zwischen 1932 und 1935 konnte Käthe Kümmel als Wissenschaftlerin keine bezahlte Anstellung finden, war in Düsseldorf jedoch an einem Museum tätig, hielt Fachvorträge, bot Kurse und Exkursionen an, konzipierte Ausstellung und gründete eine Arbeitsgemeinschaft – all dies jedoch ehrenamtlich.1
Im Jahr 1937 trat sie die Stelle als wissenschaftliche Assistentin im Naturhistorischen Verein Bonn an, für den sie 29 Jahre tätig war, später als erste Geschäftsführerin des Vereins. In dieser Zeit publizierte sie auch eigene Forschungsarbeiten, besonders zur Vegetation des Rheinlands und Siebengebirges.2 1944 wurde Käthe Kümmel als erste Frau an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn habilitiert.3 An diese Habilitation konnte sie jedoch keine wissenschaftliche Karriere als Hochschullehrerin anschließen, auch wenn sie die Voraussetzungen für solch eine Laufbahn fraglos mitbrachte.4 Der Fokus ihrer Arbeit beim Naturhistorischen Verein lag auf der Weitergabe von Wissen und ihrer Begeisterung für die Botanik an Studierende, Schüler*innen und Lehrkräfte.
1 Hersberg (1995): 6. 2 Hersberg (1995): 6. 3 NHV (2018): 61 4 Hersberg (1995): 7.
Quellenverzeichnis:
Hersberg (1995): Dr. habil. Käthe Kümmel (1905 - 1994), In: DECHENIANA 148 (8), 5-8.
NHV (2018): 175 Jahre NHV – Eine Erfolgsgeschichte, In: Naturhistorischer Verein, URL: https://www.naturhistorischerverein.de/downloads/Vortrag_NHV_175Jahre.pdf; [Abruf: 12.02.2025].
Foto: Kersberg, Herbert: Dr. habil. Käthe Kümmel (1905-1994) - 30. April 1905-30.April 1994. Decheniana: Verhandlungen des Naturhistorischen Vereins der Rheinlande und Westfalens, 148, S. 5-8./ Urheber*in unbekannt/ Jahr unbekannt
Emmi Hagen
1918 – 1968
Das versäumte Bild zeigt Emmi Hagen auf einem internationalen Medizinkongress.
Eingabe KI: [Foto Emmi Hagen] as elderly female doctor, standing proud in front of the congress, together with male doctors from all over the world, photo from 1960, A photo of the opening ceremony for a congress in Bonn on a Staircase, with many people dressed as doctors from 1960, men and women, walking up to a hospital, leica style --s 250
generiert mit Midjourney von Gesine Born
Emmi Hagen war nicht nur die erste Habilitandin an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn, sondern auch die erste Frau, die in Deutschland einen Lehrstuhl für Anatomie innehatte.
Mit dem 1937 erfolgreich bestandenen Abitur nahm Emmi Hagen das Medizinstudium an der Universität Bonn auf. Nach anfänglichen kleinen Misserfolgen im Studium bestand sie 1942 nicht nur ihr Staatsexamen, sondern wurde auch promoviert. Anschließend wurde sie 1943 vom damaligen Direktor des Anatomischen Instituts für eine Assistenzstelle vorgeschlagen, welche sie – nach einigen behördlichen Widerständen – antreten konnte.1 Nach 1945 nahm ihre Karriere einen steilen Aufschwung: 1949 habilitierte sie als erste Frau an der Medizinischen Fakultät, 1952 folgte die Beförderung zur Leiterin der Abteilung für experimentelle Biologie und 1955 wurde sie zur außerplanmäßigen Professorin am Institut für Anatomie ernannt.2 Darüber hinaus verlief Emmi Hagens Karriere auf internationaler Ebene. Ab 1954 wurden sie und ihre Abteilung durch ein Rockefeller-Stipendium gefördert, welches Emmi Hagen Forschungsaufenthalte u.a. in Cambridge und Basel ermöglichte. Gleichzeitig sorgte Emmi Hagens gute internationale Vernetzung dafür, dass das gesamte Anatomische Institut sich internationalisierte und mehrere internationale Wissenschaftler zu Gast waren.3 Darüber hinaus war sie Mitglied in mehreren internationalen Forschungsgemeinschaften und engagierte sich ehrenamtlich für Studierende.4 Den Höhepunkt – und leider auch Abschluss – ihrer Karriere bildete 1967 die Ernennung zur ordentlichen Professorin und Direktorin des Anatomischen Instituts.
1968 starb sie, nur knapp ein Jahr nach ihrer Berufung, mit 50 Jahren an Krebs. Aus ihrem Nachruf geht hervor, dass Emmi Hagen für ihre wissenschaftlichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten bei Kolleg*innen über die Maße geschätzt war, aber auch ihre Stellung als Frau in der Wissenschaft und die Widerstände dagegen wurden kritisch hervorgehoben.5
1 Forstbach (2006): 85. 2 Bruchhausen et.al. (2018): 90. 3 Bruchhausen et. al. (2018): 115, Chronik des akademischen Jahres 1957/58, S. 56. 4 Bargmann (1969): 555. 5 Bargmann (1969), Wolf-Heidegger (1968)
Quellenverzeichnis:
Bargmann, Wolfgang (1969): In memoriam der Anatomin Emmi Hagen (1918–1968). Anatomischer Anzeiger, 125, S. 552–562.
Bruchhausen, Walter et.al. (2018): Die Medizinische Fakultät, In: Becker, Thomas/Rosin, Philip (Hrsg.): Die Natur- und Lebenswissenschaften. Geschichte der Universität Bonn, (4), S. 7-212, Göttingen: V&R unipress.
Universität Bonn (1958): Chronik des akademischen Jahres 1957/58.
Forstbach, Ralf (2006): Die Medizinische Fakultät der Universität Bonn im «Dritten Reich», München: R. Oldenbourg Verlag.
Wolf-Heidegger, Gerhard (1968): Zum Gedenken an Emmi Hagen. Acta Anatomica, 71, S. 481–491.
Foto: Universitätsarchiv Bonn, PS-296/ Urheber*in unbekannt/ Jahr unbekannt
Margarete Woltner
1897 – 1985
Das versäumte Bild zeigt Margarete Woltner in Hörsaal I des Bonner Universitätshauptgebäudes.
Eingabe KI: Vintage Portrait from 1953 of imposing 70 year old female scientist [Foto Margarete Woltner] standing confidently proud and serious with crossed arms in a lecture hall of Bonn, full body portrait --s 50 --v 6.1 --style raw
generiert mit Midjourney von Gesine Born
Margarete Woltner war eine deutsche Slawistin und die erste ordentliche Professorin der Universität Bonn.
Geboren in Riga, studierte Margarete Woltner Geschichtswissenschaften und Slavistik von 1919 bis 1923 u.a. in Leipzig. Dort promovierte Margarete Woltner 1923 bei dem Slawisten Max Vasmer und trat anschließend eine Stelle als Assistentin an dessen Institut an.1 1925 wechselten sie zusammen an die Universität Berlin, sie als außerplanmäßige wissenschaftliche Assistentin und Max Vasmer als Professor. Insgesamt verblieb Margarete Woltner bis 1949 am Berliner Institut, wo sie verschiedenen Positionen übernahm. 1937 wurde sie habilitiert und war so die erste Frau, die während der NS-Zeit an der Berliner Universität diese akademische Hürde nahm.2 Trotz Habilitation dauerte es – aufgrund ihres Geschlechts und ihrer Positionierung gegen den Faschismus – weitere zwei Jahre, bis sie tatsächlich als Dozentin anerkannt und auch dementsprechend bezahlt wurde. Bereits während ihrer Zeit als wissenschaftliche Assistentin hatte Margarete Woltner wichtige Aufgaben in der Lehre übernommen.3
Im Jahr 1947 erhielt sie die Leitung des Instituts und trug entscheidend zur Wiederbelebung der Slawistik nach dem Zweiten Weltkrieg bei. 1950 kündigte sie aus politischen Gründen ihre Stelle und lehrte ab 1950 an der Universität Mainz, zunächst als Lehrbeauftragte und dann als Professorin. 1953 wechselte sie an die Universität Bonn. Als erste ordentliche Professorin gründete sie das Slawistische Seminar, wo sie bis zu ihrer Emeritierung 1966 wirkte.4
1 Sturm (1986): 478. 2 Weickart (2012): 103. 3 Sturm (1986): 478f. 4 Brang/Bräuer (1986): XIV.
Quellenverzeichnis:
Weickart, Eva (2012): Prof. Dr. Margarete Woltner. Universitäsprofessorin, In: Frauenbüro Landeshauptstadt Mainz (Hrsg.): Blick auf Mainzer Frauengeschichte. Mainzer Frauenkalender 1991 bis 2012, Hausdruckerei: Mainz.
Sturm, G. (1986): NEKROLOG: In memoriam Margarete Woltner, In: Zeitschrift für Slawistik 31 (3), S. 478-480.
Brang, Peter/Bräuer, Herbert (1986): Margarete Woltner †, In: Zeitschrift für Slavische Philologie 46 (1), XI-XVI.
Foto: Anspach, Julia et.al. (2004): „Das Bild spricht, obschon es stumm ist“ Dokumentation im Anschluss an die Ausstellung Vorbilder, Wissenschaftlerinnen der Universität Bonn, In: Mättig, Ursula (Hrsg.): ZOOM Schriftenreihe der Gleichstellungsbeauftragten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (6), Bonn./Urheber*in unbekannt/ Jahr unbekannt
Rose-Marie Wegner
1924 – 2018
Das versäumte Bild zeigt Rose-Marie Wegner auf einer internationalen Konferenz der World’s Poultry Science Associaton.
Eingabe KI: vintage photo from 1960 of 50 year old female scientist [Foto Rose-Marie Wegner] standing in a group of men with hats and briefcases. The men are showing chickens on an animal fair, the woman is standing proud and confident in the middle, --s 50 --v 6.1 --style raw
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Rose-Marie Wegner war die erste Habilitandin der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn (heute Agrar-, Ernährungs- und Ingenieurwissenschaftliche Fakultät) im Jahr 1961. Auf dem Campus Poppelsdorf ist eine Straße nach ihr benannt.
Geboren in Ostpreußen, legte sie 1942 ihr Abitur in Sachsen ab. Nach dem Kriegsdienst war ihr der Zugang zum Studium zunächst versperrt, weshalb sie eine landwirtschaftliche Ausbildung absolvierte und als staatlich geprüfte Landwirtin abschloss. Anschließend studierte Rose-Marie Wegner Agrarwissenschaften in Halle und Bonn und erlangte 1950 ihr Diplom. Ihre Dissertation über Gebrauchskreuzungen und Kennhuhnrassen in England markierte den Beginn ihrer wissenschaftlichen Laufbahn: 1966 wurde sie Professorin für Kleintierzucht an der Universität Bonn. Ihre Forschung konzentrierte sich auf Züchtung, Fütterung und Haltung von Geflügel und Kleintieren.
Von 1976 bis 1989 leitete sie die Bundesforschungsanstalt für Kleintierzucht in Celle. Dort lag ihr Fokus auf Tierschutz und sie veröffentlichte mehr als 200 wissenschaftliche Arbeiten zur Zucht und Haltung von Geflügel. Rose-Marie Wegner war stets an internationalem Austausch interessiert und verbrachte Forschungsaufenthalte in England und den USA.1 Sie war aktiv in der World’s Poultry Science Association (WPSA) und erhielt 1994 die Mac Dougall-Medaille sowie 1996 das Bundesverdienstkreuz für ihre ehrenamtliche Tätigkeit. 2000 wurde Rose-Marie Wegner in die ‚Hall of Fame‘ der WPSA aufgenommen – bis heute als eine von nur vier Frauen unter 65 Männern.2
1 Petersen, J. (2018): 61. 2 WPSA (o.J.).
Quellenverzeichnis:
Petersen, J. (2018): Rose-Marie Wegner (16.03.1924 – 13.04.2018), In: Chronik der Universität Bonn 2017-2018.
WPSA (o.J.): IHPF recipients 2000, In: World’s Poultry Association, URL: https://www.wpsa.com/index.php/iphf-recipients-2000, [Abruf: 05.03.2025].
Foto: Anspach, Julia et.al. (2004): „Das Bild spricht, obschon es stumm ist“ Dokumentation im Anschluss an die Ausstellung Vorbilder, Wissenschaftlerinnen der Universität Bonn, In: Mättig, Ursula (Hrsg.): ZOOM Schriftenreihe der Gleichstellungsbeauftragten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (6), Bonn./Urheber*in unbekannt/ Jahr unbekannt
Hilde Kaufmann
1920 – 1981
Das versäumte Bild zeigt Hilde Kaufmann in Form eines klassischen Portraits.
Eingabe KI: Vintage Portrait from 1960 of 60 year old female judge [Foto Hilde Kaufmann] wearing a black suit, with short dark hair, very soft natural light, standing confidently proud and serious in a library, looking directly into the camera --v 6.1 --s 150 --style raw
generiert mit Midjourney von Gesine Born
Hilde Kaufmann war 1961 die erste Habilitandin der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Bonn.
Sie beschäftigte sich intensiv mit sozialer Ungleichheit und analysierte wie gesellschaftliche Strukturen, darunter Geschlechterrollen, Ungleichheit fördern. Hilde Kaufmann argumentierte, dass diese tief verwurzelten Strukturen aktiv hinterfragt und verändert werden müssten, um Gleichheit und Gerechtigkeit zu fördern. Hilde Kaufmann erlebte während ihrer Karriere oft Vorurteile und Skepsis von Kollegen und Ausbildern, was ihr das Gefühl gab, sich besonders als Frau beweisen zu müssen. Diese Erfahrungen prägten ihr kämpferisches Wesen und ihre Zähigkeit in der Arbeit.1 Sie hatte ein leidenschaftliches Interesse am Menschen und an den Kräften, die sein Leben und Handeln bestimmten. Nach ihrer Habilitation im Jahr 1961 übernahm Kaufmann die Leitung des Kriminologischen Seminars in Bonn und verblieb vier Jahre an der Bonner Universität, zunächst als Dozentin und später als außerplanmäßige Professorin.2
Ihre Entscheidung, weiterhin in Bonn zu bleiben, war nicht nur beruflich, sondern auch persönlich begründet – durch Heirat und dem Wunsch nach Aufbau einer Familie. 1966 traf Hilde Kaufmann dann eine Entscheidung für die Wissenschaft und folgte einem Ruf an die Universität Kiel.3 1970 wechselte sie an die Universität zu Köln als Professorin und Leiterin der Kriminologischen Forschungsstelle und verblieb dort bis zu ihrem unerwarteten Tod 1981. Während ihrer Zeit in Köln war sie darüber hinaus auch Dekanin der Juristischen Fakultät. Durch ihre wissenschaftliche Arbeit, sowohl in der Lehre als auch in Publikationen zog sich stets die enge Verflochtenheit von Wissenschaft und Praxis.4
1 Marquardt (1986): 2. 2 Marquardt (1986): 9. 3 Marquardt (1986): 12. 4 Marquardt (1986): 13.
Quellenverzeichnis:
Marquardt, Helmut (1986): Hilde Kaufmann. Eine Skizze ihres Lebens und ihres wissenschaftlichen Werkes, In: Hirsch, Hans J. et.al. (Hrsg.): Gedächtnisschrift für Hilde Kaufmann, S. 2-5, Walter de Gruyter: Berlin/New York.
Foto: Universitätsarchiv Bonn/Urheber*in unbekannt/ Jahr unbekannt
Cornelia Richter
Das Foto zeigt Cornelia Richter als erste Dekanin der Evangelisch-Theologischen Fakultät von 2020-2024.
Auch heute gibt es noch ‚erste Frauen‘: Cornelia Richter ist Professorin für Systematische Theologie und war die erste Dekanin der Evangelisch-Theologischen Fakultät Bonn. Sie ist aktuell die erste weibliche Vorsitzende des Senats der Universität Bonn.
Geboren in Bad Ischl/Oberösterreich, studierte Cornelia Richter 1989-1995 Evangelische Theologie und Philosophie in Wien und München. 1998-2003 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Evangelische Theologie der Philipps-Universität Marburg, wo sie 2002 promoviert wurde (Betreuer: Dietrich Korsch). 2003-2005 war sie Assistant Research Professor am Center for Subjectivity Research der Universität Kopenhagen. 2005-2010 wechselte sie zurück nach Marburg, wo sie sich 2010 habilitierte. Es folgten Vertretungsprofessuren an den Universitäten Gießen und Zürich, die 2012 in drei Rufe nach Gießen, Bonn und Kiel mündeten.
Die Berufung nach Bonn war biographisch insofern bemerkenswert als Richters Großmutter, Johanna Pauline Frieda Schulze (1898-1978), die erste rheinische Theologiestudentin war, die beim Rheinischen Konsistorium das kirchliche Examen anstrebte. Dies wurde ihr mit Verweis auf die fehlende berufliche Verwendungsmöglichkeit im Gemeindedienst verwehrt. Dafür ermöglichte ihr die Evang.-Theologische Fakultät der Universität Bonn – damals noch sehr ungewöhnlich – als erster Kandidatin das Fakultätsexamen. Eine berufliche Tätigkeit in einer Pfarrgemeinde blieb ihr dennoch verwehrt. Später konnte sie in Berlin immerhin als Religionslehrerin tätig werden.
Ihre Enkelin Cornelia Richter hatte 2012-2020 die ordentliche Professur (W3) für Systematische Theologie mit Dienstsitz in Köln inne. Seit 2012 ist sie Co-Direktorin des Bonner „Instituts für Hermeneutik“, leitet seit 2014 die interdisziplinäre Forschungsgruppe „Resilience and Humanities“ und konnte 2018 die erste aus der Theologie initiierte, interdisziplinäre DFG-Forschungsgruppe „Resilienz in Religion und Spiritualität“ (2019-2023, Sprecherin: Richter) einwerben. 2020 wechselte sie an der Bonner Fakultät auf die Professur (W3) für Systematische Theologie mit Schwerpunkt Dogmatik und Religionsphilosophie. Seit 2024 hat sie zudem eine Joint Professorship mit der University of St. Andrews/Divinity School inne. Seit 2024 ist Richter DFG-Fachgutachterin sowie erste Universitätspredigerin an der Bonner Schlosskirche. Cornelia Richter war die erste Dekanin der Evangelisch-Theologischen Fakultät von 2020-2024. Dem Senat der Universität Bonn gehörte sie 2016-2018 als Senatorin und 2018-2020 als stellv. Vorsitzende an; seit 2024 ist sie als erste Frau Vorsitzende des Senats der Universität Bonn.
1 Ihre Biographie ist historisch aufgearbeitet in Faulenbach (2003).
Quellenverzeichnis:
Faulenbach, Heiner (2003): Johanna Schulze – biographische Notizen, in: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes (MEKGR), 52. Jahrgang, 488-496.
Foto: privat / Urheber*in unbekannt