Versäumte Bilder aus Darmstadt
Frauen in der Wissenschaft sichtbar machen: Das ist das Ziel des Ausstellungsprojekts "Versäumte Bilder“.
Auf den Aufruf der Schader-Stiftung und dem Runden Tisch Wissenschaftsstadt Darmstadt haben verschiedene wissenschaftliche Institutionen der Region eigene Vorschläge aus ihrem Wirkungskreis eingereicht. Acht Wissenschaftlerinnen aus der Region und neun bereits entstandene Bilder werden in der Ausstellung gezeigt.
Dabei erscheinen die 17 Frauen aus ganz unterschiedlichen Fachgebieten in neuem Licht: zum Beispiel in stolzer Pose, bei Preisverleihungen, im Hörsaal oder auf der Baustelle. Es sind fotorealistische Bilder, die Versäumtes nachholen, denn sie zeigen, was Frauen in der Wissenschaft leisten, und erzählen ihre zu Unrecht unbekannten Geschichten.
Alle Texte zu den Bildern sind eingesprochen mit der KI generierten Stimme von Lise Meitner und können über einen QR-Code barrierefrei abgerufen werden.
Gleichzeitig liegt ein Schwerpunkt der Ausstellung auf der Technik der artifiziellen Visualisierung, die Teil des Konzeptes ist und viele Möglichkeitsräume eröffnet. Alle Eingaben in die KI werden transparent angegeben und ein Making-of zeigt, wie die „versäumten Bilder“ entstanden sind.
Die Ausstellung ist am 23. und 24. März, vom 5. bis 28. April sowie vom 7. bis 30. Juni jeweils freitags von 16 Uhr bis 20 Uhr und samstags und sonntags jeweils von 11 Uhr bis 18 Uhr im Schader-Forum, Goethestraße 1, zugänglich.
Öffentliche Führungen finden (ohne Voranmeldung) am 23. März, am 6. und 20. April sowie am 15. und 29. Juni 2024 jeweils um 15 Uhr statt.
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Erika Spiegel
1925–2017
Einreichung: Schader-Stiftung, Darmstadt
Erika Spiegel war eine deutsche Sozialforscherin und Stadtsoziologin. Sie studierte an der Universität Heidelberg Soziologie, Nationalökonomie, Neuere Geschichte und Öffentliches Recht und wurde 1956 dort promoviert.
Als Sozialwissenschaftlerin arbeitete sie unter anderem am Frankfurter Institut für Sozialforschung und an der Universität Basel, lehrte als Professorin für Soziologische Grundlagen der Raumplanung an der neu gegründeten Universität Dortmund sowie als Professorin für Sozialwissenschaftliche Grundlagen des Städtebaus an der TU Hamburg-Harburg und leitete – bis heute als einzige Frau – das Deutsche Institut für Urbanistik (DIFU) Berlin. «Sie war nicht plakativ Frauenrechtlerin, sensibilisierte ihre Studierenden aber durchaus für den differenzierenden Blick auf Frauen und Männer in Gesellschaft und Raum, der später in feministischen Ansätzen präzisiert und erkämpft wurde», erinnert sich eine ihrer Studentinnen. Prägend und dazu passend sei eine Bemerkung in ihrer Vorlesung gewesen: «Wenn Sie als Frauen etwas erreichen wollen, müssen Sie 120 Prozent leisten!» 1991/1992 war sie Vize-Präsidentin der Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft (ARL). 1993 erhielt sie den ersten Schader-Preis, für ihre herausragende Rolle im Dialog zwischen Gesellschaftswissenschaften und politisch-planerische Praxis, die ihr in ihren Tätigkeiten sehr wichtig war.
In die Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) wurde sie als erstes weibliches Mitglied aufgenommen, dort war sie seit 1972 zweimal Präsidiumsmitglied. 1997 erhielt sie als erste Frau die von der Akademie vergebene Cornelius-Gurlitt-Denkmünze. Sie erhielt 2010 die Ehrendoktorwürde an der TU Dortmund.
Eingabe KI: Prompt: [Foto Erika Spiegel] a 60 year old female scientist, wearing a hermes costum with a pencil skirt, no throuthers, standing in front of a classic blue porsche 911 from 1970, standing in front of urban, working class area, 1978 in the style of the düsseldorf school of photography, urban street fotografie --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Gillian Bibby
1945–2023
Einreichung: Internationales Musikinstitut Darmstadt
Die neuseeländische Komponistin und Pianistin Gillian Bibby kam nach einem Musikstudium in ihrem Heimatland 1971 mit einem DAAD-Stipendium nach Berlin.
1972 besuchte sie die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik des Internationalen Musikinstituts Darmstadt, wo sie im selben Jahr mit dem renommierten Kranichsteiner Musikpreis für Komposition ausgezeichnet wurde. Der Preis war bis dahin nur an Interpret*innen Neuer Musik verliehen worden, zudem waren Komponistinnen zu dieser Zeit grundsätzlich nur vereinzelt in den Konzertprogrammen vertreten. Seit 1972 bis heute wird der Kranichsteiner Musikpreis auch für Komposition vergeben. Bei den Darmstädter Ferienkursen 1972 lernte Gillian Bibby den Komponisten Karlheinz Stockhausen kennen, mit dem sie zusammenarbeitete und der ihre Bewerbung um ein Stipendium für die Teilnahme an den Darmstädter Ferienkursen 1974 unterstützte, wo sie eine eigene Lecture hielt.
Nach ihrer Rückkehr nach Neuseeland arbeitete Bibby als Dozentin für Komposition, Klavier und Musikgeschichte, als Musikkritikerin und Herausgeberin von Notenausgaben, vor allem von neuseeländischer Musik für Klavier. Nachdem sie in den 1970er Jahren elektronische Stücke, Kammermusik in verschiedenen Besetzungen bis hin zum Kammerorchester, auch ein Streichquartett, eine Kinderoper sowie raumbezogene Stücke komponiert hatte, entstanden nach dieser Zeit vor allem Werke für Klavier, darunter mehrere Zyklen, die die Klänge von neuseeländischen Vögeln einbezogen.
Eingabe KI: [Foto Gillian Bibby] getting an award for her Music, standing on a stage, pressfoto from 1970, leica style --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Jovanka Bončić-Katerinić
1887–1966
Einreichung: TU Darmstadt
Jovanka Bončić-Katerinić studierte zunächst Architektur an der Universität Belgrad. Ein Stipendium ermöglichte ihr, an die Technische Hochschule Darmstadt zu wechseln, wo sie 1913 als erste Absolventin der TH Darmstadt und erste Diplom-Ingenieurin Deutschlands ihr vierjähriges Studium abschloss. Über ihren Erfolg berichtete damals auch die Berliner Illustrierte Zeitung.
Im jugoslawischen Bauministerium leitete sie das Referat für Universitätsbau und verantwortete zahlreiche öffentliche Vorhaben. So entstanden unter ihrer Mitwirkung neben einem Kursalon und einem Badehaus in Banja Koviljača (1929-32) auch das Kulturzentrum Banski Dvor, heute ein Nationaldenkmal von Bosnien und Herzegowina, in Banja Luka (1930-38) sowie die Universitätsbauten für Lehrerinnenausbildung (1933) und Veterinärmedizin (begonnen 1939) in Belgrad. Von der jugoslawischen Regierung wurde ihr 1928 der St.-Sava-Orden und 1938 der Orden der Krone von Jugoslawien verliehen. Zu Ehren ihrer Leistung wurde 2013 eine Straße auf dem Campus der TU Darmstadt mit dem eingedeutschten Namen «Jovanka-Bontschits-Straße» nach ihr benannt.
Eingabe KI: [Foto Jovanka Bončić-Katerinić] as a 40year old female engineer, stands in front of a large building site, award winning press photo from 1930 --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Maria Borris
1900–1996
Einreichung: Europäische Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt am Main
Maria Borris war eine Frankfurter Soziologin. Sie unterrichtete vom zweiten Nachkriegslehrgang 1947/48 vier Jahrzehnte lang ununterbrochen und fast immer mit einem umfangreichen Unterrichtsdeputat an der Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt am Main.
In den frühen 1950er-Jahren versuchte sie mit eigenen Lehrplanvorschlägen, ihr Fachgebiet – die Betriebs- und Industriesoziologie – stärker im Unterricht der Akademie zu verankern. Ihr Vorstoß, den sie taktisch vielleicht nicht sehr geschickt an der Akademieleitung vorbei allen Mitgliedern des Kuratoriums unterbreitet hatte, scheiterte allerdings. Der Leiter belehrte daraufhin die aufmüpfige Jungdozentin Borris über den Zweck der Akademie und die seiner Meinung nach richtige Gewichtung der Unterrichtsfächer.
Ehemalige Studierende, bei denen sie sehr beliebt war, schrieben über sie: «Mit dem Feuer ihrer durchaus ungetrübten Ideale konnte diese äußerlich so unscheinbar wirkende Frau oft unsere Begeisterung entzünden. Sie mühte sich, aus den von der Arbeitswelt gebeutelten Arbeitern und Angestellten, gewissermaßen ihrem Saatfeld, Vorkämpfer einer gerechteren und deshalb besseren Gesellschaft zu machen.» Sie beschäftigte sich vor allem mit Studien zu Arbeitsmarktmigration und Ausländern in Großbetrieben. 1972 erschien ihr Buch «Die Benachteiligung der Mädchen in Schulen der Bundesrepublik und Westberlin».
Eingabe KI: [Foto Maria Borris] as a 60 year old woman, wearing an worn chanel costum, surrounded by celebrating turkish guest workers in a working class district in frankfurt, award winning pressfoto from 1970 --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Judita Cofman
1936–2001
Einreichung: Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Judita Cofman war die erste Professorin für Mathematik an der Universität Mainz. 1958 promovierte sie im Fach Mathematik im Bereich der endlichen Geometrien («Endliche nicht-Dearguessche projektive Ebenen, die von Vierecken erzeugt werden»), ein Themenfeld, dem sie auch in den Folgejahren treu bleiben sollte. Nach Stationen als Dozentin in London und ihrer Habilitation in Tübingen wurde sie 1973 auf einen Lehrstuhl für Mathematik an die Universität Mainz berufen. Dort entwickelte sie mit den Methoden des mathematischen Unterrichts einen weiteren Forschungsschwerpunkt.
Wie aus zeitgenössischen Berichten hervorgeht, fiel es ihr als Frau stellenweise schwer, sich in ihrem männlichen Kollegenkreis zu behaupten, obwohl sie wegen ihrer unbestrittenen fachlichen Expertise anerkannt und respektiert wurde. Möglicherweise lag darin der Grund dafür, dass sie bereits 1978 «aus privaten Gründen» ihre Professur in Mainz aufgab, um in London eine Stelle als Lehrerin anzutreten. Erst 1993 kehrte sie als Professorin für Didaktik der Mathematik an der Universität Erlangen-Nürnberg nach Deutschland zurück.
Eingabe KI: [Foto Judita Cofman] as a female professor is giving a lecture in a university in the style of rodenstock imagon 300mm f/5.8, precise mathematical structures, heidelberg school, stimwave, tamron 24mm f/2.8 di iii osd m1:2, dynamic energy, 1970 --v 6
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Emmi Dorn
1920–2002
Einreichung: Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Emmi Dorn war Professorin für Zoologie und Vergleichende Anatomie der Universität Mainz. Sie promovierte an der Universität Frankfurt a. M. über die Wirkung von Licht und Dunkelheit auf die Schilddrüse des Grasfroschs und habilitierte sich in Mainz mit einer Arbeit über den Feinbau der Schwimmblase des Aals.
Die Arbeit an der Habilitation geriet ins Stocken, weil Dorn neben den ohnehin schon großen Lehrbelastungen ihre kranke Mutter im Haushalt unterstützen musste. Damit war sie einer Doppelbelastung ausgesetzt, die männlichen Wissenschaftlern zumeist erspart blieb. An der Uni gab es zudem Auseinandersetzungen mit der männlichen Institutsleitung, beispielsweise musste Emmi Dorn kleinteilige Aufgaben erledigen, die – unter Berücksichtigung, dass es sich bei ihr um eine Habilitandin und langjährige Institutskollegin handelte – eher als Zumutung wahrgenommen werden mussten.
Mit ihrer Forschung zu luftatmenden Fischen erlangte sie internationale Anerkennung. 1971 und 1974 unternahm sie Forschungsreisen ins Amazonas-Gebiet, um ihre Untersuchungen vor Ort zu vertiefen.
Eingabe KI: [Foto Emmi Dorn] as a 50 year old female scientist, standing in the amazonas rain forest, award winning wildlife fotografie from 1972--v5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Gisela Bergsträsser
1911–2003
Einreichung: Hessisches Landesmuseum Darmstadt
Gisela Bergsträsser war langjährige Leiterin der Graphischen Sammlung am Hessischen Landesmuseum Darmstadt. Die Tochter des ersten Darmstädter Regierungspräsidenten nach dem Krieg Ludwig Bergsträsser verbrachte ihre Kindheit zum großen Teil in Potsdam, später zog die Familie nach Frankfurt am Main. Dort sowie in Heidelberg und München studierte sie Kunstgeschichte, Archäologie und Germanistik und promovierte 1936.
Am Hessischen Landesmuseum Darmstadt erhielt Bergsträsser zunächst eine Volontärinnen-, später eine wissenschaftliche Angestelltenstelle. Nach der Auslagerung der Sammlungen 1940/41 war sie neben dem damaligen Direktor August Feigel die einzige Wissenschaftlerin am Museum. 1950 wurde ihr die Leitung der Graphischen Sammlung übertragen, die sie bis zu ihrer Pensionierung 1976 innehatte. In dieser Funktion leitete sie den Wiederaufbau nicht nur der Graphischen Sammlung. Die Vielzahl der von ihr veranstalteten Ausstellungen ging einher mit dem Bemühen, die Darmstädter Zeichnungssammlung ihrer Bedeutung gemäß in die internationale wissenschaftliche Diskussion einzubringen.
Letzteres wurde 1971 durch die Ausstellung von 100 alten Meisterzeichnungen aus dem Hessischen Landesmuseum im Louvre in Paris gekrönt. Fast der gesamte heute vorhandene Expressionistenbestand in der Graphischen Sammlung des Hessischen Landesmuseums geht auf Bergsträsser zurück.
Eingabe KI: [Foto Gisela Bergsträsser] as a 50 year old woman from 1945, waering a black dress and glasses, making a tour to a collection with drawings, award winning pressfoto from 1949 --v 6.0
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Ottilie Rady
1890–1987
Einreichung: TU Darmstadt
Ottilie Rady war eine deutsche Kunsthistorikerin. Sie wuchs in einem bürgerlichen Umfeld auf, machte Abitur und studierte Kunstgeschichte an der TH Darmstadt. Die 1922 fertig gestellten Doktorarbeit «Das weltliche Kostüm von 1250-1410 nach Ausweis der figürlichen Grabsteine im mittelrheinischen Gebiet» eröffnete ihr eine Assistentenstelle an der TH.
Dort war sie für die Diasammlung zuständig, die sie neu ordnen musste – eine Fleißarbeit, die später noch von Bedeutung sein sollte. 1934 wurde sie nicht nur die erste habilitierte Kunsthistorikerin Deutschlands, sondern auch die erste habilitierte Frau an der TH Darmstadt und anschließend außerordentliche Professorin der TH. Als ihre Assistentenstelle gestrichen wurde und das Einkommen wegbrach, kehrte sie Darmstadt den Rücken, ging nach Berlin und arbeitete im Institut für wissenschaftliche Projektion – damals unbestrittener Marktführer kunsthistorischer Dias im Großformat – des Berliner Kunsthistorikers und Fotografen Franz Stoedtner, den sie später heiratete.
Nach dessen Tod führte sie das Institut weiter, siedelte es nach Düsseldorf über und verkaufte es, bevor sie nach Dachau zog und dort über die Dachauer Künstlerkolonie arbeitete. Sie war sich durchaus ihrer Sonderrolle als Frau an der Universität im Klaren und hat dies auch selbstbewusst in ihren Lebenserinnerungen thematisiert, zugleich stand sie sowohl privat wie beruflich immer im Schatten der Männer. Nichtsdestotrotz verstand sie es, der jeweiligen Zeit und den Umständen entsprechend das Beste aus ihrer beruflichen Situation zu machen.
Eingabe KI: [Foto Ottilie Rady] as a 40 year old female Scientist standing in a library, looking at a small foto in her hand, smiling, award winning pressfoto from 1930 --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Rachel Louise Carson
1907–1964
Rachel Carson war eine US-amerikanische Wissenschaftsjournalistin, Sachbuchautorin, Biologin und Zoologin. Mit ihrem Fokus auf Umweltverschmutzung und ihrer Nähe zur Natur entwickelte sie sich zur Pionierin der amerikanischen Umweltbewegung und erregte mit ihren Büchern weltweit Aufmerksamkeit.
Ihre Besonderheit war die Verbindung wissenschaftlicher Fakten mit einem lyrischen, poetischen Prosastil und der Fähigkeit, Zusammenhänge zu entdecken und diese präzise und anschaulich zu erklären. Ihr Buch «The Sea Around Us» (1951) befand sich zwei Jahre auf der New York Times Bestsellerliste und wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Ihr wichtigstes Werk «Silent Spring» (1962) über die Gefahren des Insektizids Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) und anderen Pestiziden auf unsere Ökosysteme und den Menschen hatte weitreichende Auswirkungen – und nahm Einfluss auf die amerikanische Umwelt- und Agrarpolitik und führte einige Jahre später zum Verbot von DDT.
Carson verfolgte trotz ihres Magna cum laude in Biologie und ihrem Master in Zoologie keine wissenschaftliche Karriere, da dieser Weg insbesondere zu Zeiten der Großen Depression für eine Frau zu unsicher war und sie Familienangehörige finanziell unterstützen musste. Aus diesem Grund schrieb sie freiberuflich für die Fischereibehörde Radiomanuskripte und Broschüren und für die Baltimore Sun Artikel über die Meeresfauna und -flora. Um ihr Geschlecht zu verbergen, unterzeichnete sie mit R. L. Carson.
Eingabe KI: Rachel Carson, american biologist, in the style of wollensak 127mm f/4.7 ektar, feminist iconography, wilderness, standing in the middle of a field of wheat and butterflies, monumental ensembles, nikon l35af, kodak retina, wildlife photography --v 5.1
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Katherine Johnson
1918–2020
Katherine Johnson war Mathematikerin und Pionierin der US-Raumfahrt. Nach ihrem Studium arbeitete sie zunächst als Lehrerin, in den 1950er Jahren wechselte sie dann zur NASA. Dort war sie Teil einer Gruppe von Frauen, die als «menschliche Computer» komplizierte Berechnungen über Flugbahnen und Treibstoffmengen anstellten.
Zu dieser Zeit war sie die einzige Frau, die es auch in andere Abteilungen schaffte und als erste Frau in einer wissenschaftlichen Arbeit ihrer Abteilung als Co-Autorin benannt wurde. Zu ihren größten Erfolgen zählten ihre Berechnungen, welche die Mondmodule der Apollo-Missionen mit den Kommandokapseln in der Mondumlaufbahn synchronisierten. Darüber hinaus war Johnson an der Berechnung für die Apollo-11-Mission und dem improvisierten Rückflug der Apollo 13 beteiligt. Sie verfasste zahlreiche Abhandlungen über die Raumfahrt. Katherine Johnson galt lange Zeit als unbekannte Frau, wie auch die anderen zahlreichen Frauen des Raumfahrtprogramms der NASA.
Als afroamerikanische Frau in einem von weißen Männern dominierten Beruf kämpfte Johnson um ihren Platz, als sie beispielsweise ihre Teilnahme an der Redaktionssitzung ihrer Abteilung einforderte, die bis dahin nur Männern vorbehalten war. Für ihre Arbeit an der Mondlandung und ihrer Lebensleistung für die NASA zeichnete Barack Obama sie 2015 mit der Presidential Medal of Freedom aus, der höchsten Auszeichnung für Zivilist*innen in den USA. Der Hollywood-Film «Hidden Figures» (2016) beleuchtete ihr Lebenswerk.
Eingabe KI: [Foto Katherine Johnson] as the black female Nasa Scientist Katherine Johnson watching the start the rocket apollo 13 ,leica style, kodak portra colors --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Lise Meitner
1878–1968
Lise Meitner war promovierte und habilitierte Physikerin. In ihrer frühen Forschung widmete sie sich der Untersuchung der Wärmeleitung in inhomogenen Körpern, später konzentrierte sie sich besonders auf die Erforschung von Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung sowie den damit verbundenen Kernprozessen. Gemeinsam mit dem Chemiker Otto Hahn arbeitete sie 30 Jahre lang im Gebiet der Radioaktivität, wodurch die Entdeckung der Kernspaltung zustande kam.
Zusammen mit ihrem Neffen Otto Robert Frisch lieferte sie anschließend die erste theoretische Erklärung für die Kernspaltung. Zu Lebzeiten erhielt Lise Meitner zahlreiche Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz, den Otto-Hahn-Preis und den Enrico-Fermi-Preis der Atomenergiekommission der USA. Sie wurde insgesamt 48-mal für den Nobelpreis nominiert, ausgezeichnet wurde sie nie. Ebenfalls wurde ihr kein Anteil am Chemienobelpreis 1944 zugesprochen, der ihrem Kollegen Otto Hahn für die Entdeckung der Kernspaltung verliehen wurde, bei der sie maßgeblich beteiligt war. Meitner spielte eine bedeutende Vorreiterrolle als Frau in der Physik: Sie war die zweite Frau, die in Wien promovierte, und die erste Frau, die sich in Deutschland in Physik habilitieren konnte.
Zudem war sie die erste Frau, die als ordentliche Physikprofessorin an der Universität Berlin lehrte. Ihre Arbeit wurde vorübergehend unterbrochen, als sie aufgrund des Vormarschs des nationalsozialistischen Regimes Deutschland 1938 verlassen musste.
Eingabe KI: a foto of the scientist Lise Meitner smoking a cigarette, laughing, leica style, 1920 --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Cecilia Payne-Gaposchkin
1900–1979
Cecilia Payne-Gaposchkin war eine britisch-amerikanische Astronomin. Erst mit 18 Jahren konnte sie sich nach einem Schulwechsel mit Naturwissenschaften befassen, da sie in London zunächst eine Schule besuchte, auf der sie diesen Zugang als Mädchen nicht hatte. Anschließend studierte sie Physik und Chemie an der University of Cambridge und wanderte danach in die USA aus.
1925 promovierte sie an der Harvard University über die Zusammensetzung von Sternen und entdeckte, dass diese zum größten Teil aus Helium und Wasserstoff bestehen. Weil dies damals nicht dem vorherrschenden wissenschaftlichen Konsens entsprach, kommentierte sie ihren Befund selbst als «höchstwahrscheinlich nicht richtig» – darauf legte auch ihr Gutachter, der Astronom Henry Norris Russell, Wert. Ihre Arbeit fand zunächst kaum Beachtung. Ein paar Jahre später wurden ihre Erkenntnisse bestätigt und deren große Bedeutung anerkannt. Sie arbeitete viele Jahre in Harvard in einer schlecht bezahlten Stelle und im Vorlesungsverzeichnis wurde sie nicht erwähnt, obwohl sie Unterricht gab – Frauen waren Lehraufträge in Harvard untersagt. 1934 heiratete sie den russischen Astronom Sergej Gaposchkin, mit dem sie drei Kinder bekam; während der Schwangerschaften hielt sie weiter Vorträge.
Erst 1956 wurde sie zur ordentlichen Professorin, als erste Frau im Fachbereich Astronomie an der Universität Harvard, und kurze Zeit später leitete sie das Institut. Heute werden mit der nach ihr benannten Cecilia-Payne-Gaposchkin-Medal herausragenden Dissertationen in der Astrophysik ausgezeichnet.
Eingabe KI: [Foto Cecilia Payne] as a 50year old female Scientist, standing in front of a telescope, smiling, press photo from 1940, emotional, award winning --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Agnes Pockels
1862–1935
Agnes Pockels war eine deutsche Physikerin und Chemikerin, die sich mit Fragen der Oberflächenspannung und Benetzungsphänomenen befasste. Als Autodidaktin führte sie über zehn Jahre privat bei sich und ohne den Austausch mit anderen Wissenschaftlern zuhause Messreihen durch, indem sie Beobachtungen während des Geschirrspülens machte.
Sie entwickelte sie aus einfachen Gegenständen eine Messapparatur, die sie «Schieberinne» nannte. Sie ermöglichte präzise Messungen von Oberflächenspannungen und trug dazu bei, das Verständnis von Oberflächenphänomenen in verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen zu verbessern. Der US-amerikanische Forscher Irving Langmuir (1881-1957) entwickelte die Schieberinne zur Langmuir-Pockels-Filmwaage weiter. Langmuir, dessen Erkenntnisse zum Teil auf Pockels Experimenten beruhten, erhielt 1932 den Nobelpreis. Die spätere Veröffentlichung ihrer Ergebnisse in wissenschaftlichen Zeitschriften regte sie zu weiterer wissenschaftlicher Tätigkeit an. Aufgrund ihrer Leistungen wurde sie auch von deutschen Physikern anerkannt und eingeladen, wissenschaftliche Vorträge zu halten.
Agnes Pockels hätte gerne Physik studiert, doch Frauen waren zum Studium nicht zugelassen. Als sie dann studieren hätte dürfen, verzichtete sie auf Wunsch ihres Vaters darauf. Zudem übernahm sie die Haushaltsführung und Krankenpflege von Familienangehörigen.
Eingabe KI: a foto of 80 year old Scientist Agnes Pockels [Foto Agnes Pockels] getting an award on a stage in the town hall from Braunschweig, pressfoto from 1930 --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Vera Rubin
1928–2016
Die US-amerikanische Astronomin Vera Rubin forschte zur Verteilung der Dunklen Materie und zur Rotation von Galaxien. Ihre wissenschaftliche Karriere begann an einem College, das ausschließlich Frauen vorbehalten war.
Dort erlangte sie 1948 als einzige Absolventin im Fachbereich Astronomie den Bachelor of Science. Der Zugang zur Wunsch-Uni Princeton für das Masterstudium wurde ihr anschließend verwehrt, da diese zu jener Zeit keine Frauen zum Studium zuließ. Während des gesamten Studiums wurde Rubin mit verschiedenen Formen der Diskriminierung konfrontiert. Dies setzte sich auch während ihrer Promotion an der Georgetown University in Washington D.C. fort. Zum Beispiel befand sich das Büro ihres Doktorvaters in einem Bereich des Campus, den Frauen damals nicht betreten durften, was die Kommunikation und Zusammenarbeit mit ihrem Betreuer erschwerte und somit auch ihre Promotion beeinträchtigte. Ihre Forschungsergebnisse konnte sie nicht angemessen diskutieren und ihre Arbeit wurde grundsätzlich in Frage gestellt.
Ihre Feststellung in den 1960er Jahren, dass die äußeren Bereiche von Galaxien sich viel schneller bewegen als nach den bekannten Gravitationsgesetzen zu erwarten wäre, und die daraus folgende Bestätigung der Existenz der Dunklen Materie, hatte tiefgreifende Auswirkungen auf das wissenschaftliche Verständnis des Universums. Ihr Beitrag bleibt ein zentraler Bestandteil der modernen Astronomie.
Eingabe KI: a foto of Vera Rubin, holding a black ball on her back like sisyphos --v 5.1 --s 50 --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Elisabeth Schiemann
1881–1972
Elisabeth Schiemann war eine deutsche Genetikerin, Botanikerin und NS-Gegnerin. Zu ihren Forschungsinteressen zählten die Geschichte der Kulturpflanzen und die Genetik der Pflanzen. Sie zählte zu den ersten Frauen, die 1908 in Berlin ein Studium aufnehmen durften.
Vier Jahre später wurde sie unter Betreuung des Botanikers und Genetikers Erwin Baur mit ihrer Arbeit «Mutationen bei Aspergillus niger v. Tiegh» promoviert. Von 1914 bis 1931 arbeitete sie als Assistentin bzw. Oberassistentin von Baur an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, im Jahr 1924 erlangte sie dort ihre Habilitation mit einer Studie über die Genetik des Winter- und Sommertypus bei Gerste. 1932 veröffentlichte sie das Buch «Entstehung der Kulturpflanzen», das sich zu einem internationalen Standardwerk in der Kulturpflanzenforschung entwickelte. Für Schiemann war es nicht leicht, sich in der Wissenschaft eine Karriere aufzubauen. Sie forschte über zwölf Jahre unbezahlt am Botanischen Museum und Aufstiegsmöglichkeiten wurden ihr, wie vielen anderen Frauen, oft verwehrt. Erst nach dem Ende des Krieges erhielt sie im Alter von 65 Jahren eine Professur mit vollem Lehrauftrag an der späteren Humboldt-Universität zu Berlin.
Als Privatdozentin wurde sie für ihre Forschung im Bereich der Entstehung und Geschichte der Kulturpflanzen bekannt, wobei sie Methoden aus der Genetik, Zytologie, Morphologie, Geographie, Ethnologie und Archäologie kombinierte. Schiemann positionierte sich frühzeitig gegen die unwissenschaftlichen rassistischen Theorien der Nationalsozialisten und setzte sich entschieden für die Verfolgten des NS-Regimes ein.
Eingabe KI: a foto of 20 year old female scientist Elisabeth Schiemann, smiling, dancing in a street of berlin, street photo by Albert Renger Patsch --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Cécile Vogt
1875–1962
Die französische Hirnforscherin und Medizinerin Cécile Vogt führte umfangreiche Studien zur Hirnanatomie durch. Im Jahr 1900 promovierte sie in Medizin an der Universität Paris – zu einer Zeit, in der nur fünf Prozent der Absolvent*innen Frauen waren.
Ab 1902 arbeitete sie unentgeltlich im Neurobiologischen Laboratorium, das ihr Ehemann Oskar an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin gegründet hatte. Eine universitäre Karriere wäre ihr ohne die berufliche Position ihres Mannes vermutlich verwehrt geblieben. Ihre ärztliche Zulassung in Berlin erhielt sie erst im Jahr 1920. Gemeinsam mit ihrem Mann gründete sie das Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung in Berlin und arbeitete dort 60 Jahre lang mit ihm zusammen. Im Jahr 1932 wurde sie Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Aufgrund zunehmender Repressionen durch das NS-Regime musste das Paar 1937 Berlin verlassen und gründete im Schwarzwald ein privates Forschungsinstitut. Durch ihre umfangreiche Sammlung menschlicher Hirnschnitte legte das Paar einen wichtigen Grundstein für die moderne Hirnforschung, sie gilt als eine der größten weltweit und befindet sich heute an der Universität Düsseldorf.
Cécile Vogt wurde 13-mal für den Nobelpreis nominiert, bekam ihn jedoch nie zugesprochen. Nach ihrem Tod wurde Cécile Vogt eher als Teil des Forscherehepaars Vogt angesehen, anstatt als eigenständige Persönlichkeit wahrgenommen.
Eingabe KI: a foto from 1960 of 90 year old Female scientist Cécile Vogt looking looking of a brain, in the style of marina abramović, medieval-inspired, neil gaiman, award-winning --v 5.2
generiert mit Midjourney von Gesine Born
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Rosalind Franklin
1920–1958
Rosalind Franklin war eine brillante Biochemikerin. In London als Tochter einer jüdischen Bankiersfamilie geboren wurde sie von der Familie früh gefördert. Sie begeisterte sich schon als Kind für Naturwissenschaften, studierte Chemie, Physik und Mathematik.
In Frankreich spezialisierte sie sich auf die Röntgenstrukturanalyse. Sie erhielt ein Forschungsstipendium und kehrte zurück in die Heimat, wo sie ihre Arbeit am King’s College vertiefen wollte. Von den Kollegen dort wurde sie als Wissenschaftlerin kaum ernst genommen; ihr Konkurrent James Watson sagte später, dass sie wäre «sogar hinreißend gewesen, hätte sie auch nur das geringste Interesse für ihre Kleidung gezeigt». Watson und sein Kollege Francis Crick erhielten später vom Physiker Maurice Wilkins das berüchtigte Röntgenbild «Photo 51», das Franklin angefertigt hatte und den Beweis für die spiralförmige DNA-Helix lieferte. Aufgrund Franklins mathematischen Berechnungen, die Watson und Crick ebenfalls zugespielt wurden, entwickelten sie das heute bekannte Doppelhelix-Modell, für das sie und Wilkins 1962 mit dem Medizinnobelpreis ausgezeichnet wurden.
Rosalind Franklin war zu dieser Zeit bereits tot, sie starb mit 37 Jahren an Krebs. Sie erfuhr nie von dem Diebstahl und wurde trotz ihrer bedeutenden Arbeit nie für den Nobelpreis nominiert. Auch in den Dankesreden von Watson und Crick fand sie keinerlei Erwähnung.
Eingabe KI: Rosalind Franklin wearing an evening dress, laughing, portrait photo in a foto studio from 1960, kodak portra colors, dark blue backround, holding a medal in her hand and shows it to the camera, --v 5
generiert mit Midjourney von Gesine Born
Stimme Lise Meitner generiert mit ElevenLabs, Text to Speech & AI Voice Generator aus der Vorlage: SWR Archivradio: November 1953: Lise Meitner: Frauen in der Wissenschaft, https://www.youtube.com/watch?v=FyuDNxfRkUg&t=21s
Bitte nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um an unserer Umfrage des Bilderinstituts, der Schader-Stiftung und des KielSCN teilzunehmen. Ihre Antworten helfen, Handlungsempfehlungen zu entwickeln, wie Frauen in der Wissenschaft visuell sichtbar gemacht werden können.